I4RD-Industry4Redispatch

Im Projekt Industry4Redispatch (I4RD) werden erstmals alle relevanten Akteure in Österreich zusammengebracht, um durch Automatisierung und Optimierung ungenutzte Flexibilitäten von Industriekund:innen für den Redispatch Prozess zu nutzen. Die Schwerpunkte des im Rahmen des Innovationsverbunds „NEFI – New Energy for Industry“ durchgeführten Projekts I4RD lassen sich in drei Themenblöcke gliedern:

Redispatch Produkt: Am Anfang steht die Spezifikation eines Redispatch Produktes, welches für Teilnehmer mit unterschiedlichen Anforderungen geeignet ist. Damit soll neuer Flexibilität – beispielsweise von Industriekund:innen – die Teilnahme ermöglicht werden. Unter Berücksichtigung der derzeitigen Netzsicherheitsberechnungsprozesse wurde eine entsprechende Gate-Closure-Time für Redispatch-Gebote definiert. Als weitere Kriterien wurden erlaubte Gebotsgröße, Qualitätskriterien und der notwendige Informationsaustausch festgelegt.

TSO-DSO Interaktion: Viele „neue“ Flexibilitäten sind in den unteren Netzebenen angeschlossen. Die optimale Nutzung der Netze und verteilten Flexibilitäten erfordert daher eine koordinierte Interaktion zwischen den beteiligten Akteuren, insbesondere zwischen dem Übertragungs- (ÜNB) und den Verteilernetzbetreibern (VNBs) (sogenannte TSO-DSO Interaktion). Um verteilte Flexibilitäten für den Betrieb des Übertragungsnetzes nutzen zu können müssen Überlastungen des Verteilernetzes durch die Flexibilitätsnutzung ausgeschlossen werden. I4RD entwickelt deshalb einen Prozess, welcher Kapazitätsinformationen der VNBs nutzt, um Redispatch Gebote auszusortieren, die im Verteilernetz zu Engpässen führen würden. Im Projekt wird untersucht, inwiefern Sensitivitätswerte genutzt werden können, um die Auswirkungen von Redispatch-Abrufen auf den Zustand eines Verteilernetzes abzuschätzen. Für diese Berechnungen ist – insbesondere dann im laufenden Betrieb – die Beobachtbarkeit der Netze über ein Monitoring notwendig. Diese ist derzeit insbesondere in Netzebene 3 großflächig gegeben, nur sehr eingeschränkt in der Mittelspannung und so gut wie noch gar nicht in der Niederspannung.

Optimierung von Industriekund:innen: Ein weiterer wichtiger Punkt für die Untersuchungen sind auch mögliche Anreiz-Modelle für die Bereitstellung der Flexibilität durch die Industriekund:innen sowie deren Flexibilisierung. Ein auf die Industriebetriebe angepasstes Energiemanagementsystem optimiert daher den Eigenverbrauch sowie den Ein- und Verkauf mithilfe von mathematischen Modellierungsmethoden und plant gleichzeitig Flexibilitätspotentiale für die Redispatch-Bereitstellung. Dabei müssen sowohl die unterschiedlichen Anforderungen und Gegebenheiten der Industriebetriebe als auch die im Projekt definierten Gebotsspezifikationen als Nebenbedingungen in den Optimierungsmodellen korrekt berücksichtigt werden. Simulationen werden erste Ergebnisse zu Flexibilitätspotential und Erlösmöglichkeiten liefern. Darüber hinaus soll die gesamte Prozesskette vor Ort in Demoanwendungen getestet werden.

Ausgangssituation

Durch die Integration von fluktuierender erneuerbarer Erzeugung und die fortschreitende Integration der europäischen Strommärkte wächst der österreichische Bedarf nach Redispatch. Der Bedarf an Leistung für die Erbringung von Redispatch ist in Österreich in einzelnen Stunden sehr hoch (wie beispielsweise in etwa 4,5 GW im Jahr 2018). Herkömmlicherweise wird die Flexibilität von konventionellen Kraftwerken für die Bereitstellung von Redispatch genutzt. Daher sind die Produktausgestaltung sowie der regulatorische Rahmen für die Teilnahme von Industriekund:innen derzeit noch wenig geeignet. Gleichzeitig steht die produzierende Industrie vor Herausforderungen wie dem Erreichen von Energieeffizienzzielen sowie ihrer Anpassung an den sich verändernden Energiemarkt – Flexibilisierung ist eine mögliche Lösung.

Projektverlauf

Zu Beginn des Projektes wurden unterschiedliche Use-Cases erarbeitet, welche die Teilnahme von Industrie an Strommärkten und an der Bereitstellung von Flexibilitätsdienstleistungen für DSO und TSO unter der Berücksichtung des Zusammenspiels aller Stakeholder definieren. Im Anschluss wurden Anforderungen an ein mögliches Redispatchprodukt erhoben beziehungsweise definiert und verschiedene Anreize und Vergütungsmodelle zur Teilnahme der Industrie evaluiert. Außerdem wird ein Konzept zur Berechnung von freien Netzkapazitäten im Verteilnetz entwickelt, welches bei der Auswahl der Gebote zum Einsatz kommen soll, welche aktiviert werden können, ohne zu Problemen im Verteilnetz zu führen. Ein Energiemanagementsystem, welches zur Planung der Energieversorgung von verschiedenen Industriestandorten entwickelt wurde, wird im Rahmen des Projektes weiterentwickelt und auf die im Projekt definierten Anforderungen an das Redispatchgebot adaptiert. Dieses Energiemanagementsystem wird im weiteren Projektverlauf an verschiedenen Demo-Standorten implementiert, zur Validierung des Gesamtkonzepts ist ebenfalls die Umsetzung einer Redispatch-Plattform sowie allen damit verbundenen Prozessen geplant, um die Machbarkeit des Konzepts zu demonstrieren.

Meilensteine

  1. Projekt Website ist online
  2. Stakeholder Workshops wurden abgehalten
  3. Kurzfilm steht einem breiteren Publikum zur Verfügung
  4. Abschlussevent ist finalisiert
  5. Stakeholder needs and high-level use cases wurden definiert
  6. Redispatch Anforderungen wurden definiert
  7. Stakeholder Befragung zu Anreizen, Flexibilitätspotential und Geschäftsmodellen
  8. Analyse der Industrie-Demonstratoren abgeschlossen
  9. Betriebsoptimierung der Energieversorgung für den Industriestandort von MONDI abgeschlossen
  10. Controller für EDCS demonstratoren ist bereit zur Implementierung (Wiesbauer Wien, Wiesbauer Reidling, Fischer Markgrafneusiedl)
  11. Anforderungen für alle relevanten stakeholder wurden gesammelt und aufbereitet
  12. Initiale Spezifikation des Prozesses abgeschlossen
  13. Konzeptionelle Implementierung der Prozesse abgeschlossen
  14. Vorläufige Validierungsumgebung aufgesetzt
  15. Vorläufige Validierung des Prozesses abgeschlossen
  16. Spezifikationen und redispatch Module für die Implementierung verfügbar
  17. Implementierungsplan beschlossen
  18. Demonstratoren wurden für die Implementierung des EDCS vorbereitet
  19. Implementierung des EDCS abgeschlossen
  20. Validierung des EDCS abgeschlossen
  21. Methodologie der Kosten-Nutzen Analyse entwickelt
  22. Kosten-Nutzen Analyse finalisiert
  23. Simulation von zukünftigem Redispatch Bedarf abgeschlossen
  24. Szenarien für Skalierbarkeitsanalyse definiert
  25. Skalierbarkeits Framework für Simulationen implementiert und parametriert
  26. Auswirkungen von Redispatch Aktivierungen auf das Verteilnetz analysiert
  27. Techno-ökonomische Feasibility Analyse durchgeführt
  28. Controller für die Industrie-Demonstrationen implementiert/adjustiert
  29. Redispatch Modul implementiert
  30. Verteilnetzbetrieb wurde angepasst um redispatch aus dem Verteilnetz zur Verfügung stellen zu können
  31. Redispatch Modul und alle zugehörigen Prozesse wurden erfolgreich validiert
  32. Projektergebnisse von allen Entwicklungs- und Implementierungsschritten wurden gesammelt und aufbereitet

"Flexibilität kann dabei unterstützten Erneuerbare Energie zu integrieren. Um diese Flexibilität kosteneffizient und netzdienlich einsetzen zu können, bekommt die Interaktion zwischen TSO und DSOs eine immer größere Bedeutung."

- ZITAT Tara Esterl -

Ergebnisse

– Min. Gebotsgröße: 1MW; Maximale Gebotsgröße 400MW; Gebotsinkrement: 0,5MW

– Minimale Asset-Größe, ab welcher diese üblicherweise im Verteilnetz beobachtbar sind: 0,5 MW

– Aggregationslevel für Gebote: 110kV Verteilnetz

– Viertelstundengebote, können auch verlinkt sein (mit UND/ODER)

– Vorlauf-Nachholeffekte müssen berücksichtigt werden, um Verschiebungen des Engpasses zu vermeiden

– Fahrpläne müssen am Vortag gesendet werden, Redispatchgebote innerhalb von 5 Minuten voll aktiviert werden können und einen gewissen Rahmen einhalten (minimal 95% und maximal 115% des Gebots müssen erfüllt werden)

– Energiemanagementsystem ermittelt an DA-Spotmarktpreisen orientierten optimalen Fahrplan, darauf aufbauend werden Redispatchgebote gelegt. Als Input dienen unter anderem Redispatch „Abrufwahrscheinlichkeiten“, um die Zeitpunkte der möglichen Gebotslegung einzuschränken.

– Befragungen der DSOs zum Automatisierungsgrad in den Verteilnetzen als Basis für die TSO-DSO Interaktion

– Simulationsablauf definiert für die TSO-DSO Interaktion sowie erste Simulationen durchgeführt

 

Weitere Informationen:

https://www.nefi.at/de/projekt/industry4redispatch

  • Tara Esterl

    AIT Austrian Institute of Technology GmbH

    Tara Esterl leitet seit Jänner 2020 die Competence Unit ‚Integrated Energy Systems‘. Seit 2012 ist Tara Esterl am AIT Austrian Institute of Technology tätig. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen im Bereich regulatorische Rahmenbedingungen, dem Marktdesign von Regelenergie- und Strommärkten und dem Demand Side Management an der Schnittstelle zwischen Märkten und Verteilernetz. Sie hat große Forschungsprojekte in dem Themenbereich geleitet wie beispielsweise die Projekte Flex+, Hybrid-VPP4DSO und Industry4Redispatch. Nach dem Bachelorstudium der Europäischen Energiewirtschaft an der FH Kufstein mit Auslandsaufenthalt in Nagpur, Indien, absolvierte sie die Masterstudien Erneuerbare Urbane Energiesysteme an der FH Technikum Wien und Master der Internationalen Betriebswirtschaftslehre.

Steckbrief

Projektnummer

887780

Koordinator

AIT Austrian Institute of Technology GmbH

Partner

Technische Universität Wien
APG Austrian Power Grid
evon GmbH
kleinkraft OG
Wiesbauer Holding AG
Fischer Brot GmbH
EVN AG
Netz Niederösterreich GmbH
Netz Oberösterreich GmbH
Netz Burgenland GmbH
Energienetze Steiermark GmbH
voestalpine Stahl GmbH
Mondi AG
Energie Kompass GmbH
Siemens AG

Schlagwörter

Flexibilisierung, Industrie, Engpassmanagement, DSO-TSO Koordination

Projektleitung

Tara Esterl, tara.esterl@ait.ac.at

Dauer

01/03/2021 - 28/02/2025

Budget

5,024,925€